Cover des gedruckten Buches Kaiserpassage, Stadtarchiv Karlsruhe 8/Alben 5 Bd.7, S. 844
   

3. Auswertung und Dokumentation

3.2

Weibliche Zeitzeugen, die das Kriegsende in Südwestdeutschland –
Schwerpunkt Karlsruhe und Umgebung – erlebten

3.2.2

Ergänzende Textauszüge

 

Frage 5

(aus Karlsruhe/Bismarckstraße)
„Am Abend des 3. April schlugen in der Mittelstadt Granaten ganz in der Nähe ein. Angst. Von der Partei war plötzlich niemand mehr da.“

(aus Karlsruhe-Durlach/Aue)
„Man konnte den Behörden gegenüber etwas frecher/mutiger begegnen – ich habe den Kriegsgefangenen oft geholfen und als ich das letzte Mal vor dem Kreisleiter stand und mich deswegen rechtfertigen mußte, sagte ich ihm durch die Blume, daß er mich mal herzlichst könne... .“

(aus Neuburgweier)
„Beim Einmarsch der alliierten Truppen wurde das ganze Dorf gezwungen, die Häuser zu verlassen und am Ortseingang mit erhobenen Händen zu warten. Vor der Einwohnerschaft knieten französische Besatzungssoldaten, die Maschinengewehre auf die verängstigten Frauen, Kinder, Alten und Schwerkranken gerichtet.“

(aus Neuburgweier)
„Die deutsche Wehrmacht zog sich sehr schnell aus Neuburgweier zurück nach Malsch. Von dort aus wurde Neuburgweier beschossen, um den Einmarsch der französischen Truppen zu verhindern. Behörden gab es in Neuburgweier nicht länger, da der Bürgermeister nicht mehr im Ort war. Bei ihrem Rückzug zerstörten die deutschen Truppen Neuburgweiers einzigen ,Fluchtweg‘, die Brücke über den Federbach.“

(aus Schönwald/Schwarzwald; dorthin evakuiert)
„Soldaten waren auf der Flucht und baten um Zivilkleidung. Die Gauleitung war in der Nähe evakuiert und wollte sich in unserem Haus breitmachen. Wir wehrten uns mit Erfolg.“

(aus Königheim; zweimal ausgebombt, dorthin evakuiert)
„Ich bekam noch einen Stellungsbefehl vom Gauleiter; wer nicht in Arbeit stand, wurde kriegsdienstverpflichtet, Februar – März 1945. Vor der amerikanischen Besatzung erlebten wir den Rückzug der deutschen Truppen, die ihre Verwundeten und Toten mit sich führten.“

(aus Sersheim)
„Die deutsche Wehrmacht hat Brücken gesprengt; Hamsterkäufe und Warenverteilungen, z.B. der Milchzentrale, damit die Waren nicht den Alliierten in die Hände fallen; Ortsgruppenleiter wechselten ihre Uniformen gegen Zivilkleidung.“

(aus Langenargen/Bodensee)
„Die Bevölkerung mußte bis zuletzt Panzersperren bauen. Bis zum Schluß fanden Erschießungen statt, obwohl schon klar war, daß der Krieg zu Ende war.“

(aus Klingenmünster/Pfalz)
„Als die einquartierten Soldaten den Ort verlassen mußten, haben sie uns geraten, mindestens über den Rhein zu fliehen. Innerhalb der Bevölkerung kam auch das Gerede auf vom Einsatz neuer deutscher Waffen, die den Feind zurückwerfen würden. Andere waren entsetzt darüber, weil dann der Krieg nicht aufhören würde.“

Frage 6

(aus Karlsruhe/Bismarckstraße)
„Ich fühlte eine furchtbare Niedergeschlagenheit und Enttäuschung über diesen Ausgang. Denn sie [!] hatten die Hoffnung nicht aufgegeben, da Hitler eine Wunderwaffe – V-Waffe, von Vergeltungswaffe – versprochen hatte. Trotz allem gab es eine Erleichterung, daß der Krieg vorbei war; allerdings Angst vor den Marokkanern.“

(aus Weingarten/Baden)
„Angst vor den Marokkanern – Vergewaltigung. Beim Einmarsch wurde wahllos in die Keller geschossen, weil dort die Menschen sich versteckt hatten.“

(aus Kirrlach; dorthin evakuiert aus Karlsruhe)
„Mit meinen erst 13 Jahren hatte ich mit meiner Familie große Ängste, daß unsere Angehörigen nicht mehr vom Krieg zurückkehren würden. Aber wir gaben die Hoffnung nie auf.“

(aus Zeutern bei Bruchsal; mit der Mutter dorthin evakuiert aus Karlsruhe)
„Ich war froh, daß dieser schreckliche Krieg endlich zu Ende war und man wieder in Ruhe schlafen konnte.“

(aus Elsenz/Kraichgau; dorthin evakuiert)
„Ich war natürlich froh, daß der Krieg zu Ende war, denn damit verband ich die Hoffnung, meinen Mann wiederzusehen.“

(aus Engelsbrand/Schwarzwald; dorthin
evakuiert aus Karlsruhe)
„Wir waren alle froh, daß der Wahnsinn zu Ende war und daß wir in den Nächten durchschlafen konnten. Wir konnten uns wieder freier bewegen, ohne Angst, von Tieffliegern beschossen zu werden. Ich verlor noch kurz vor Kriegsende auf diese Weise eine Arbeitskollegin.“

(aus Welzheim bei Schwäbisch-Gmünd; dorthin evakuiert aus Durlach)
„[Ich war] froh über das Kriegsende, endlich wieder ruhig schlafen zu können, froh über das Ende der Bombardements und keine Angst mehr vor dem Lebensende.“

(aus Schönwald/Schwarzwald; dorthin
evakuiert aus Karlsruhe)
„Wir waren froh über das Ende der Diktatur und zugleich bedrückt wegen des großen Leids, das viele Familien durch den Schrecken des Krieges erfahren haben. Wir sagten: Lieber Hunger leiden, dafür Frieden.“

(aus Klingenmünster/Pfalz)
„Hoffnung auf Friede, aber auch Angst vor dem Kommenden, denn im Radio hörte man von Vergewaltigungen durch die Sieger. Deshalb am Tag der Beschießung großer Aufbruch der Bevölkerung in die vorher gezimmerten Hütten im Wald. Am Abend dann die Aufforderung, sofort den Wald zu verlassen, da geschossen werden würde. Man vermutete, daß sich deutsche Soldaten versteckt halten würden. In den Ort durften wir nicht mehr, wurden gleich in das Gelände der großen Nervenklinik Landeck eingewiesen.“

Frage 7

(aus Karlsruhe/Bismarckstraße)
„Ich befand mich gerade in Mühlburg beim Bahnübergang und fand mich plötzlich von uniformierten Männern umringt. Ich war der festen Überzeugung, daß dies russische oder polnische Kriegsgefangene seien und fragte ziemlich kess, ob sie jetzt das letzte Aufgebot zur Verteidigung der Stadt seien. Es stellte sich dann heraus, daß dies die ersten französischen Besatzungssoldaten waren, und ich war sehr verblüfft, daß sie wirklich schon da sind. Sie waren zwar erstaunt, daß ich keine Angst vor ihnen hatte, sie waren aber sehr höflich und nett zu mir.

Am Abend des 4. April kamen Marokkaner in unsere Häuser und vergewaltigten die Frauen. Wir waren wehrlos gegen sie. Große Angst vor diesen. Die Marokkaner schossen in der Stadt herum und machten sich so die Frauen gefügig. Die Marokkaner haben von den Franzosen versprochen bekommen, daß sie sich dann deutsche Mädchen nehmen könnten!!! Man hörte aus den Fenstern die Frauen schreien, doch man konnte sich nicht wehren. Nach drei, vier Wochen wurde dies allerdings durch die Franzosen unterbunden.“

 

Abbildung 7

Szene am Mühlburger Tor, noch vor der Besetzung der Stadt, aber nach dem Luftangriff vom 4. Dezember 1944, zu erkennen am zerstörten Wachhaus auf der rechten Seite. Die Errichtung der Barrikaden sollte zur Verteidigung der Stadt dienen. Glücklicherweise kam es aber nicht zum Kampf um Karlsruhe: Bereits am 23. März 1945 setzte die Absetzbewegung der deutschen Streitkräfte ein, so daß die Stadt am 4. April den vorrückenden französischen Truppen kampflos übergeben wurde. Daran geknüpft war die Hoffnung, daß die „Besatzer/Befreier“ dies durch ein rücksichtsvolles Verhalten gegenüber der Zivilbevölkerung honorieren würden.


(aus Karlsruhe)
„Die ersten Begegnungen mit der Besatzung (Franzosen) waren furchtbar. Plünderung, Vergewaltigung und Verwüstungen der Wohnungen waren an der Tagesordnung. Selbst unsere letzten Lebensmittel haben sie uns gestohlen. Nach dem Einmarsch waren alle Frauen und Kinder des Hauses 9 Tage und Nächte in einem Kellerraum, in dem gekocht und geschlafen wurde. Jedesmal, wenn die Soldaten in den Keller kamen, mußten wir die 17 und 18-jährigen Mädchen vor Angst wegen Vergewaltigungen verstecken.“

(aus Karlsruhe-Durlach)
„Ein Volkssturmmann, der vor den Franzosen geflohen war, wurde in unserer Straße von den Franzosen angeschossen. Meine Mutter und ich brachten den Mann unter Lebensgefahr zu einem Arzt, der in der Nähe wohnte, sich aber nicht aus dem Keller traute. Er mußte die Hilferufe gehört haben.“

(aus Kirrlach; dorthin evakuiert aus Karlsruhe)
„Eines Tages läutete bei uns ein junger amerikanischer Soldat. Ich öffnete die Tür und rief meine Mutter. Er fragte meine Mutter, ob sie ihm seine Wäsche waschen und bügeln würde. Zuerst zögerte meine Mutter und sie war auch sehr skeptisch. Aber nach einiger Zeit machte meine Mutter die Arbeit für den jungen Soldaten. Er sah in meiner Mutter seine Mutter und sagte immer, ich sei seine kleine Schwester. Er hatte Heimweh nach seiner Familie in den Staaten. Dieser Soldat brachte meiner Mutter Seifenpulver, Kaffee, Schokolade und andere Lebensmittel. Nach dem Kriegsende konnte man sich solche feinen Sachen noch nicht kaufen. Und dieses Erlebnis wird mir immer in Erinnerung bleiben.“

(aus Liedolsheim; in Karlsruhe ausgebombt, dorthin evakuiert)
„Schrecklich. Vergewaltigungen.“

(aus Neuburgweier)
„Schlechte Erinnerung an die [...] Besatzungsmacht, da französische Soldaten immer wieder in Häuser eingedrungen sind, um die eh schon knappen Lebensmittel zu plündern. Dem Vater wurde angedroht, er werde auf der Stelle erschossen; der Mann wollte die Nachbarin vor der Vergewaltigung durch französische Soldaten schützen. Er war zu diesem Zeitpunkt 72 Jahre alt.“

(aus Neuburgweier)
„Erste Erinnerungen an die Amerikaner: sie gaben uns Kindern Schokolade, Kekse und Kaugummi. Zum Entsetzen meiner Familie brachte ich 2 Besatzungssoldaten mit nach Hause. Diese bedankten sich für die ,Einladung‘ zu Brot, hausgemachter Wurst und Kost mit Nescafé, Reis und Schokolade.“

(Aus Engelsbrand/Schwarzwald; dorthin evakuiert aus Karlsruhe)
„Die ersten Besatzungssoldaten, die ich sah, waren Marokkaner in Kaputzenmänteln [!]. Sie verlangten Wasser zum Trinken von uns und plünderten nicht. Eine Frau im Dorf wurde vergewaltigt. Im Nachbarort wurden alle Frauen vergewaltigt. Wir hatten das Glück, daß der Kommandant sehr strenge Disziplin forderte und Übeltäter öffentlich bestrafte. Wir mußten unsere Fotoapparate und Radios abgeben und haben sie später teilweise wieder erhalten. In den Wald trauten wir uns nicht zu gehen, eine Verwandte wurde auf dem Weg zu uns ausgeraubt.“

(aus Kandel/Pfalz)
„Französische Besatzungsmacht. De-Gaulle-Truppen; ein Elsässer hat geplündert; ein Elsässer, der eingezogen war bei der deutschen Wehrmacht, blieb beim Abzug der Deutschen zurück, wir versteckten ihn im Kirchenkeller, versorgten ihn, bis er sich bei den Franzosen mit anderer Kleidung meldete und integriert war. Dieser Mann hat uns viel geholfen. Wertsachen wurden geplündert, Bettwäsche, Silber wurde mitgenommen.“

(aus Rappoldshausen; dorthin evakuiert aus Karlsruhe)
„Die ersten Begegnungen mit den Amerikanern waren negativ. Einige versuchten, die Mädchen zu vergewaltigen bzw. belästigten sie sexuell. Auch schossen sie aus Spaß auf Zivilisten und benutzten sie als Zielscheiben. Meine Schwester, damals 21, entkam nur durch eine waghalsige Flucht einer Vergewaltigung. Durch diesen Schock wurden ihre Haare von einem auf den anderen Tag weiß.“

(aus Langenargen)
„Im Langenargener Schloß war ein unangenehmer französischer General stationiert. Er sagte: ,Die Deutschen brauchen nichts zu essen‘. Alles Essen wurde geholt. [Der Bevölkerung blieben] nur Kohlrabi zu essen. Die Kriegsgefangenen wurden schlecht behandelt. Sie mußten jeden Tag (auch Feiertage [...]) arbeiten und wurden jeden Morgen mit ,Ihr Schweine‘ begrüßt. [Die Zeitzeugin] schob ihnen heimlich Brot zu, aber das war sehr gefährlich. Bei der Versetzung nahm der General alle Möbel aus dem Schloß mit. [...] Das Fahrrad wurde von den Alliierten beschlagnahmt. Das war eine Katastrophe, wegen Milchholen usw. Wer nach 20 Uhr noch draußen war, wurde eingesperrt. Um in eine andere Stadt zu gehen, [...] brauchte man einen Passierschein. Die einfachen Leute nannten ihn ,Spazierschein‘.“

(aus Denkendorf)
„Ein ehemaliger französischer Kriegsgefangener, der bei uns gearbeitet hatte, war sehr hilfsbereit. Er kümmerte sich auch um meinen Vater, als dieser in französische Kriegsgefangenschaft geraten war. Das Los der deutschen Kriegsgefangenen auf einem französischen Bauernhof hat sich durch diese Verbindung schlagartig geändert. [...]“

(aus Hanhofen/Pfalz)
„Die Hoffnung, daß die bei uns eingerückten ,Befreier‘ – Amerikaner und später Franzosen – besser sein würden, stellte sich als Reinfall heraus. Während sich die Schäden der Amis noch in Grenzen hielten, plünderten die französischen Kolonialtruppen alles, was sie gebrauchen konnten. Besonders Frauen taten gut daran, diesen aus dem Weg zu gehen und sich nicht zu zeigen.“

Frage 8

(aus Karlsruhe)
„Wir hatten kein Hitlerbild in der Wohnung hängen in Karlsruhe. Mein Vater brachte lediglich eine Originalzeichnung, die er in seinem Amtszimmer hängen hatte, nach Hause; diese vernichteten wir vor unserer Flucht nach Engelsbrand, damals nach dem Großangriff am 4.12.1944 auf Karlsruhe. Die obligatorische Hakenkreuzfahne hatten wir schon längst in Stücke geschnitten und den Stoff vernäht. Nazistische Bücher hatten wir, außer meinen Schulbüchern, keine.“

(aus Karlsruhe-Durlach)
„Da ich von Durlach abwesend war, kann ich nur auf die Aussage meiner Eltern zurückgreifen. Mein Vater hat Wichtiges aller Art in den im Garten an der alten Stadtmauer angelegten Bunker (Eichenstämme in 6 Meter Länge übereinander) in Sicherheit gebracht. Ein Bild von Hitler war nicht vorhanden.“

(aus Karlsruhe-Durlach)
„Ein Hitlerbild war in unserer Familie nie vorhanden. Mein Vater [Postbeamter] wurde nach Posen zwangsversetzt, da er an einer Fronleichnamsprozession teilgenommen hatte“.

(aus Weingarten/Baden)
„Es wurde alles in den Keller gebracht, das Hitlerbild wurde verbrannt. Wäsche, Besteck, Silber, Schmuck etc. wurde in Metallfässer verpackt und im Garten vergraben. Anschließend wurde Salat darüber gepflanzt.“

(aus Elsenz/Kraichgau; dorthin evakuiert)
„Wir hatten kein Hitlerbild. Die BDM-Jacke, die ich sehr schön fand, einige Orden haben wir im Garten vergraben. Da ich im Krieg geheiratet habe, haben wir das Buch ,Mein Kampf‘ bekommen, welches wir nun verbrannt haben.“

(aus Königheim; zweimal ausgebombt; dorthin evakuiert)
„Wir konnten nichts in Sicherheit bringen, da wir alles verloren hatten. Hitlerbild besaßen wir keines, da mein Vater Nazi-Gegner war.“

(aus Sersheim; dort beim Landdienst bei einer Bauernfamilie)
„Die Menschen verbrannten oder vergruben das Hitlerbild, Auszeichnungen, Fahnen [...]. Man hängte weiße Leintücher aus den Fenstern.“

(aus Hanhofen/Pfalz)
„Wir hatten für den Ernstfall unser Pferdefuhrwerk mit den notwendigsten Habseligkeiten zur eventuellen Flucht geladen. Unter dem Schuppen hatten wir Konserven und Räucherfleisch versteckt. Ein Hitlerbild brauchten wir nicht zu verstecken, denn in unserem Haus gab es dies niemals, obwohl die Straße nach dem Gauleiter Josef Bürckel benannt worden war.“

Frage 9

(aus Karlsruhe)
„Unsere Angehörigen konnten endlich wieder nach Hause kommen. Bald sah man die ersten deutschen Soldaten zurückkommen, die man nach den eigenen Soldatenangehörigen ausgefragt hat. Eine kurze Zeit gab es ausreichend zu essen. Nach den Franzosen kamen dann die Amerikaner, die uns jungen Mädchen oft etwas zu essen geschenkt haben.“

(aus Karlsruhe)
„Am Anfang nach Kriegsende hat sich für uns nicht viel verändert. Die Lebensmittel waren genauso knapp, denn man bekam alles nur auf Lebensmittelkarten, welche knapp bemessen waren, zu kaufen. Das einzige, was schnell in Ordnung kam, war der Schulunterricht. Die Mütter bekamen nach Kriegsende keine Unterstützung vom Staat und mußten jegliche Arbeit annehmen, um überleben zu können, bis ihre Männer aus Gefangenschaft heimkehrten.“

(aus Karlsruhe?)
„Der Mann war vermißt und kam im August, zum Skelett abgemagert, nach Hause. Statt wie vor dem Krieg als Lehrer zu arbeiten, mußte er Hilfsarbeiter werden, bis er ,entnazifiziert‘ war.“

(aus Karlsruhe-Durlach)
„Alle waren froh, daß keine Angriffe mehr waren. Schlimm war für uns die Lebensmittelversorgung, die sich erst mit der Währungsreform änderte. Auch bekamen wir erst 1948 eine Wohnung. Als Beamtin hatte ich aber meine Arbeit.“

(aus Karlsruhe-Durlach/Aue)
„Das Essen wurde nach und nach besser. Es gab Arbeit mit dem Aufbau von Karlsruhe; die Tochter war nach Kriegsende wieder zu Hause und konnte zur Schule gehen.“

(aus Zeutern bei Bruchsal; dorthin evakuiert; bzw. Karlsruhe)
„Gleich nach Kriegsende am 8. Mai 1945 hatten wir die Hoffnung, endlich wieder nach Hause zu können. Wenige Tage später waren meine Mutter und ich zu Fuß – Verkehrsmittel gab es ja nicht – nach Karlsruhe aufgebrochen und hatten die ca. 30 km bis abends geschafft. Unsere Wohnung war nicht zerstört, aber es begannen die Sorgen um die Lebensmittelversorgung der Familie. Auch Vater und Bruder waren inzwischen heil zurückgekehrt. Die Schule begann für mich erst wieder im Januar 1946.“

(aus Kirrlach; dorthin evakuiert)
„Das Kriegsende hieß für uns, keine Sirenen mehr zu hören und keine Bombenangriffe durchzumachen. Endlich in der eigenen Wohnung in Ruhe wieder wohnen zu dürfen. Meine Geschwister konnten wieder ihre Arbeit aufnehmen. Und ich konnte wieder zur Schule gehen.“

(aus Elsenz/Kraichgau; dorthin evakuiert)
„Ich durfte meinen Mann in französischer Kriegsgefangenschaft besuchen. Der Ort seiner Gefangenschaft wurde mir heimlich mitgeteilt; aber als ich dort war, durfte ich mit meinem Mann reden, allerdings nur durch den Stacheldraht.“

(aus Oberöwisheim; dorthin evakuiert aus Karlsruhe)
„Wir hatten keine Wohnung und mußten in Untermiete wohnen; viel weniger zu essen als während dem Krieg, und als mein Mann noch nicht da war, hatte ich kein Geld und arbeitete deswegen bei einem Bauern, um Lebensmittel zu bekommen.“

(aus Engelsbrand/Schwarzwald; dorthin evakuiert aus Karlsruhe)
„Das Kriegsende hieß für mich, eine vernünftige Arbeit suchen; mein Studium in Heidelberg fortzusetzen, war vorerst nicht möglich. Ich meldete mich, nachdem ich zu Aufräumungsarbeiten verpflichtet wurde, auf einen Zeitungsaufruf hin, zu einem 3 1/2 Wochen dauernden Ausbildungskurs zum Lehrberuf. Der Hunger war groß, man bekam die knappen Lebensmittelzuteilungen nur, wenn man irgendetwas arbeitete.“

(aus Schönwald/Schwarzwald; dorthin evakuiert)
„Wir konnten mit unserer Schulbildung nichts anfangen. Wir nähten Puppen zum Verkauf, nahmen Hilfsarbeiten an und mußten bei Anbruch der Dunkelheit wegen der Ausgangssperre immer zu Hause sein.“

(aus Klingenmünster/Pfalz)
„Als ich mit meinen ausgebombten Eltern, meiner Schwester und meinem Jungen wieder in das stark beschädigte Haus – nur noch ein Zimmer mit Fensterglas – einziehen konnte, fingen wir langsam an, das völlig verschmutzte Haus in Ordnung zu bringen. Der politische Druck war weg, aber Leid und Armut blieben vorläufig. Das Warten begann – auf ein Lebenszeichen von meinem Mann aus Rußland. Nach 1 Jahr die erste Karte, 1948 Rückkehr.“

(aus Bad-Bergzabern/Pfalz)
„Die Armut wurde größer, jeder suchte seine Habe und seine Familie zusammen, es gab Denunziationen, Enthüllungen, Unsicherheit, noch lange keine Schule, Erschießungen aus Angst oder Rache, erst langsam wurde eine neue Ordnung. Das Schlimmste am Kriegsende war das, was wir bald nach dem Einmarsch der Amerikaner von allen Plakaten lesen mußten: Die Wahrheit über die Konzentrationslager.“

(aus Hanhofen/Pfalz)
„Die Not wurde allgemein größer, denn die französische Besatzungsmacht zögerte nicht, wenn es um die Wegnahme von Nahrungsmitteln und allen möglichen Bedarfsgegenständen ging. Ich war in der Landwirtschaft tätig und weiß zu gut um das Ablieferungssoll der Franzosen Bescheid.“

Frage 10

„Ich habe immer noch Ängste und Verfolgungswahn in meinen Träumen. Vergewaltigungsopfer gab es sehr viele.“

„Das Kriegsende hat mich jahrelang beschäftigt. Ich hatte ein paar Jahre lang Alpträume, hauptsächlich über das Kriegsende. Ich habe auch meiner verlorenen Jugend nachgetrauert. Ich war 15 Jahre alt, als der Krieg anfing, und 21, als er aufhörte. Danach kamen dann nochmal harte Jahre. Ich hatte also keine unbeschwerte Jugend. Die Nachkriegsjahre waren gezeichnet von Hunger, Not und Entbehrung.“

„Im Traum kommt es heute noch vor, daß der Krieg wieder lebendig wird. Die Jugend braucht nur die Nachrichten im Fernsehen über das ehemalige Jugoslawien und Tschetschenien anschauen. Bei uns war es genauso.“

„Nein, aber der Luftangriff am 23. Februar 1945 auf Pforzheim, den ich von unserem Dorf [Engelsbrand] aus sah, ging mir noch sehr lange nach.“

„Es beschäftigt mich nicht in meinen Träumen, aber im täglichen Leben. Wenn ich z. B.vom Krieg in Jugoslawien oder wo auch immer in der Welt höre, denke ich immer: ,Die müssen jetzt das Gleiche durchmachen wie wir, und für sie ist es genauso sinnlos wie für uns. Alle diese schlimmen Erlebnisse für nichts!‘“

„Keine Angstgefühle in Form von Träumen, eher Nachdenklichkeit. Jedoch die schönsten Jahre meines Lebens, ich war ja gerade bei Kriegsausbruch 19 Jahre jung, konnte ich nicht so genießen, wie ich mir dies vorstellte. Die Kriegszeit war verbunden mit Angst, Schrecken und natürlich mit dem Tod von Verwandten und Bekannten, und diese schreckliche Zeit wünsche ich niemandem.“

 
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Kriegsende 1945 | Zeitzeugen der Karlsruher Region erzählen | Letzte Änderung: 30. März 1997
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